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Ran an die Steuern – im Bund und im Land
Im Blickpunkt
Von Dr. Heino Klingen
18.07.2016
Die letzte ambitionierte Steuerreform liegt viele Jahre zurück. Auch deshalb klettern die Steuereinnahmen von Jahr zu Jahr auf neue Höchststände. Das freut die Finanzminister in Bund und Land, beeinträchtigt aber die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Deutschland.
Der Dornröschenschlaf in der Steuerpolitik ist vorbei. Gut ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl formieren sich die Fronten für den Steuerwahlkampf. Die Themen kreisen um die Evergreens der vergangenen Jahre: Mittelstandsbauch, kalte Progression, Spitzensteuersatz, Abschaffung der Abgeltungsteuer, Wiederbelebung der Vermögensteuer.
Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass die „Steuergerechtigkeit“ im Mittelpunkt der kommenden Auseinandersetzungen stehen wird. Wieder einmal. Schon im Wahlkampf 2013 zogen gleich mehrere Parteien aus dem eher linken Parteienspektrum im Namen der Gerechtigkeit für Steuererhöhungen in den Wahlkampf. Beim Wähler fanden sie damit keinen Anklang. Das überrascht und wirft Fragen auf: Lag es daran, dass der Unmut der Bevölkerung an der angeblichen Ungleichheit in unserem Land doch nicht so groß ist, wie manche glauben machen wollen? Oder hatte es damit zu tun, dass neben Besserverdienenden auch Facharbeiter und ganz normale Angestellte einen verstärkten Zugriff des Fiskus auf ihr Einkommen befürchteten?
Diese Fragen sind bis heute unbeantwortet. Allein deshalb ist es schon zu begrüßen, dass die Steuerpolitik wieder in den Fokus der wirtschaftspolitischen Diskussion rückt.
Der Staatssäckel quillt über
Die öffentlichen Kassen quellen über. Der Fiskus verzeichnet seit der großen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09 dank robuster Konjunktur und guter Beschäftigung stetig steigende Steuereinnahmen. Im vergangenen Jahr erreichten sie mit 673 Milliarden Euro ihren vorläufigen Höhepunkt. Sie lagen damit 38 Prozent über dem Steueraufkommen von 2006. Die Wirtschaftsleistung stieg im selben Zeitraum nur um 26 Prozent, die Bruttolöhne und -gehälter der Beschäftigten gar nur um 23 Prozent.
Unter der Voraussetzung, dass die Steuerschätzungen zutreffen, werden die Kassen in Bund, Ländern und Kommunen in den kommenden Jahren weiter geflutet. Für das Jahr 2020 prognostizieren die „Steuerweisen“ ein Steueraufkommen von über 800 Milliarden Euro. Es ist kaum anzunehmen, dass die Wirtschaftsleistung und die Gehälter der Arbeitnehmer auch nur annähernd mit dieser rasanten Entwicklung – plus vier Prozent pro Jahr – Schritt halten können. Damit wird der Staat zum Hauptnutznießer der konjunkturellen Entwicklung. Es ist deshalb nur recht und billig, dass er die „Konjunkturrendite“ mit der Wirtschaft – sprich Arbeitnehmer und Unternehmen – teilt. Der Spielraum dafür ist trotz zusätzlicher Ausgaben für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen vorhanden.
Der von Amts wegen notorisch knauserige Bundesfinanzminister beziffert den Entlastungsrahmen auf 12 Milliarden Euro. Er legt seinen Rechnungen die Entwicklung der Steuerquote zugrunde. Sie sank Anfang der 2000er Jahre auf 19,5 Prozent und liegt derzeit bei 22,3 Prozent. Ein – wie Schäuble findet – akzeptables Niveau. Höher sollte die Steuerquote auch aus seiner Sicht nicht steigen, weshalb er den von den Steuerschätzern bis 2020 vorhergesagten Anstieg um 0,4 Prozentpunkte an die Steuerzahler zurückgeben will. Allerdings: Gemessen an den vereinnahmten und noch zu erwartenden Steuermehreinnahmen ist das wenig, um nicht zu sagen: zu wenig.
Einkommensteuer anreizfreundlicher gestalten
Von kleineren Korrekturen wie den verfassungsrechtlich gebotenen Anpassungen des Grundfreibetrages abgesehen, herrscht in der Steuerpolitik seit nunmehr eineinhalb Jahrzehnten Stillstand. Die letzte große Steuerreform brachte Hans Eichel Anfang der 2000er Jahre auf den Weg. Danach hat sich keine Regierung mehr an eine tiefergehende Veränderung von Tarif und Struktur der Einkommen- und Körperschaftsteuer gewagt. Einzige Ausnahme ist die von Peer Steinbrück 2008 veranlasste Absenkung des Körperschaftsteuertarifs von 25 auf 15 Prozent.
Beide Reformen waren wichtige Schritte, um im globalen Standortwettbewerb mithalten zu können. Deutschland konnte so seinen vormaligen Spitzenplatz bei der Steuerbelastung verlassen. Allerdings liegt die Tarifbelastung des Gewinns von Kapitalgesellschaften von rund 30 Prozent immer noch über dem Schnitt der EU-Länder. Zu den wenigen Ländern, in denen die Belastung noch höher ist, zählen Spanien, Italien und Frankreich, während etwa Großbritannien, die Niederlande und Österreich deutlich weniger Steuern von ihren Kapitalgesellschaften verlangen. Auch bei der Einkommensteuer bewegt sich Deutschland mit einem Spitzensatz von 47,48 Prozent einschließlich Solidaritätszuschlag im oberen Mittelfeld.
Welche Folgen unterlassene Steueranpassungen haben, wurde erst kürzlich in einer Studie der Schweizer Business School IMD herausgestellt. In dieser jährlich herausgegebenen Rangliste der wettbewerbsfähigsten Länder der Welt rutschte Deutschland in diesem Jahr um zwei Plätze auf Rang 12 ab. In 2014 belegte es noch Platz sechs. Der Grund dafür sind schlechte Noten in der Fiskalpolitik – und dies insbesondere wegen der hohen Steuersätze in der Einkommen- und Unternehmensbesteuerung. Der Druck durch den internationalen Steuerwettbewerb ist somit weiter vorhanden.
Der größte Handlungsbedarf besteht bei der Einkommensteuer. Hier sind die steuerrechtlichen Vorgaben von der wirtschaftlichen Entwicklung inzwischen so weit überholt worden, dass sie dringend angepasst werden müssen.
So mutet es besonders absurd an, dass der Spitzensteuersatz bereits ab einem zu versteuernden Einkommen von 53.666 Euro greift. In diesem Bereich bewegen sich nicht gerade Topverdiener, sondern ganz gewöhnliche Facharbeiter, Beamte und kleine Selbständige. Denn heute fällt schon unter den Spitzensteuersatz, wer das 1,6-fache des Durchschnittsgehalts bezieht. Anfang der 60er Jahre musste man dafür noch das Achtzehnfache verdienen. Hier hilft nur eine deutliche Erhöhung der Einkommensgrenze.
Veränderungsbedarf gibt es auch beim so genannten Mittelstandsbauch. Der entsteht, weil der Steuertarif zwischen dem Grundfreibetrag von 8.652 Euro und jenen 53.666 Euro, ab dem der Spitzensteuersatz greift, einen Knick hat. Bis zu diesem Knick steigt die Zusatzbelastung von hinzuverdientem Einkommen stärker als in allen anderen Einkommensbereichen. Das nimmt gerade Geringverdienern die Motivation, zusätzliche Leistungen zu erbringen. Deshalb sollte man den Knick „ausbügeln“ oder die Tarifkurve zumindest glätten.
Handlungsbedarf auch im Saarland
Steuerpolitischer Handlungsbedarf besteht aber nicht nur im Bund, sondern auch bei uns im Saarland. Denn auch hierzulande sind die Steuermittel in den vergangenen Jahren nach dem Einbruch in Folge der Krise 2008/09 wieder deutlich gestiegen: im Land von 2,5 Milliarden Euro 2010 auf knapp 3,5 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Das ist ein Anstieg von 40 Prozent. Auch wenn man die jährlichen Konsolidierungshilfen von 260 Millionen Euro abzieht, bleibt immer noch ein erklecklicher Zuwachs.
Ein deutliches Steuerplus gab es zudem in unseren Kommunen. Hier kletterten die Einnahmen in den vergangenen fünf Jahren um 24 Prozent von 700 auf 868 Millionen Euro. Doch trotz dieses Anstiegs liegen die Steuereinnahmen der Saarkommunen immer noch rund ein Fünftel unter dem Bundesschnitt. Viele Kommunen sind deshalb im vergangenen Jahr dazu übergegangen, die Gewerbesteuerhebesätze zu erhöhen.
Das könnte sich schon bald als Milchmädchenrechnung erweisen. Kurzfristig kommt durch die Anhebung der Hebesätze zwar mehr Geld in die Kasse, langfristig ist jedoch damit zu rechnen, dass die betroffenen Unternehmen eigentlich rentable Investitionen unterlassen oder gar an einen günstigeren Standort wechseln. Statt der beabsichtigten Mehreinnahmen verringern sich dann die Einnahmen aus der Gewerbesteuer.
Vor diesem Hintergrund ist noch einmal auf das Junkernheinrich-Gutachten zur Finanzlage der Saarkommunen zu verweisen. Prof. Junkernheinrich empfiehlt den Kommunen zwar auch Einnahmeverbesserungen durch Steuererhöhungen, aber nicht per se, sondern nur für solche Steuern, deren Hebesätze unter dem Niveau vergleichbarer Städte und Gemeinden in anderen Regionen liegen. Das ist im Saarland insbesondere bei der Grundsteuer B der Fall. Hier beträgt der Abstand zu Kommunen in Nordrhein-Westfalen oder Sachsen trotz Anhebungen in zahlreichen Gemeinden und Städten immer noch bis zu 400 Prozentpunkte. Es gibt also noch reichlich Spielraum nach oben, den nur die wenigsten Gemeinden ausschöpfen.
Weniger zimperlich sind die Kommunen bei der Gewerbesteuer. Obwohl deren Hebesätze im Saarland bereits über dem Bundesschnitt liegen, haben rund 30 Kommunen in den vergangenen eineinhalb Jahren die Sätze weiter angehoben. Allen voran die Landeshauptstadt, die ihren Hebesatz von 450 auf 490 Prozent heraufgesetzt hat. Damit belegt Saarbrücken zusammen mit München den Spitzenplatz unter den Landeshauptstädten. Das ist eine gefährliche Entwicklung, die die Attraktivität der saarländischen Kommunen und damit der ganzen Region im nationalen und internationalen Standortwettbewerb weiter verringert. Ein Land, das zu Recht stolz auf seine Eigenständigkeit ist und diese bewahren möchte, sollte hier gegensteuern. Noch ist es nicht zu spät.
Der Dornröschenschlaf in der Steuerpolitik ist vorbei. Gut ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl formieren sich die Fronten für den Steuerwahlkampf. Die Themen kreisen um die Evergreens der vergangenen Jahre: Mittelstandsbauch, kalte Progression, Spitzensteuersatz, Abschaffung der Abgeltungsteuer, Wiederbelebung der Vermögensteuer.
Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass die „Steuergerechtigkeit“ im Mittelpunkt der kommenden Auseinandersetzungen stehen wird. Wieder einmal. Schon im Wahlkampf 2013 zogen gleich mehrere Parteien aus dem eher linken Parteienspektrum im Namen der Gerechtigkeit für Steuererhöhungen in den Wahlkampf. Beim Wähler fanden sie damit keinen Anklang. Das überrascht und wirft Fragen auf: Lag es daran, dass der Unmut der Bevölkerung an der angeblichen Ungleichheit in unserem Land doch nicht so groß ist, wie manche glauben machen wollen? Oder hatte es damit zu tun, dass neben Besserverdienenden auch Facharbeiter und ganz normale Angestellte einen verstärkten Zugriff des Fiskus auf ihr Einkommen befürchteten?
Diese Fragen sind bis heute unbeantwortet. Allein deshalb ist es schon zu begrüßen, dass die Steuerpolitik wieder in den Fokus der wirtschaftspolitischen Diskussion rückt.
Der Staatssäckel quillt über
Die öffentlichen Kassen quellen über. Der Fiskus verzeichnet seit der großen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09 dank robuster Konjunktur und guter Beschäftigung stetig steigende Steuereinnahmen. Im vergangenen Jahr erreichten sie mit 673 Milliarden Euro ihren vorläufigen Höhepunkt. Sie lagen damit 38 Prozent über dem Steueraufkommen von 2006. Die Wirtschaftsleistung stieg im selben Zeitraum nur um 26 Prozent, die Bruttolöhne und -gehälter der Beschäftigten gar nur um 23 Prozent.
Unter der Voraussetzung, dass die Steuerschätzungen zutreffen, werden die Kassen in Bund, Ländern und Kommunen in den kommenden Jahren weiter geflutet. Für das Jahr 2020 prognostizieren die „Steuerweisen“ ein Steueraufkommen von über 800 Milliarden Euro. Es ist kaum anzunehmen, dass die Wirtschaftsleistung und die Gehälter der Arbeitnehmer auch nur annähernd mit dieser rasanten Entwicklung – plus vier Prozent pro Jahr – Schritt halten können. Damit wird der Staat zum Hauptnutznießer der konjunkturellen Entwicklung. Es ist deshalb nur recht und billig, dass er die „Konjunkturrendite“ mit der Wirtschaft – sprich Arbeitnehmer und Unternehmen – teilt. Der Spielraum dafür ist trotz zusätzlicher Ausgaben für die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen vorhanden.
Der von Amts wegen notorisch knauserige Bundesfinanzminister beziffert den Entlastungsrahmen auf 12 Milliarden Euro. Er legt seinen Rechnungen die Entwicklung der Steuerquote zugrunde. Sie sank Anfang der 2000er Jahre auf 19,5 Prozent und liegt derzeit bei 22,3 Prozent. Ein – wie Schäuble findet – akzeptables Niveau. Höher sollte die Steuerquote auch aus seiner Sicht nicht steigen, weshalb er den von den Steuerschätzern bis 2020 vorhergesagten Anstieg um 0,4 Prozentpunkte an die Steuerzahler zurückgeben will. Allerdings: Gemessen an den vereinnahmten und noch zu erwartenden Steuermehreinnahmen ist das wenig, um nicht zu sagen: zu wenig.
Einkommensteuer anreizfreundlicher gestalten
Von kleineren Korrekturen wie den verfassungsrechtlich gebotenen Anpassungen des Grundfreibetrages abgesehen, herrscht in der Steuerpolitik seit nunmehr eineinhalb Jahrzehnten Stillstand. Die letzte große Steuerreform brachte Hans Eichel Anfang der 2000er Jahre auf den Weg. Danach hat sich keine Regierung mehr an eine tiefergehende Veränderung von Tarif und Struktur der Einkommen- und Körperschaftsteuer gewagt. Einzige Ausnahme ist die von Peer Steinbrück 2008 veranlasste Absenkung des Körperschaftsteuertarifs von 25 auf 15 Prozent.
Beide Reformen waren wichtige Schritte, um im globalen Standortwettbewerb mithalten zu können. Deutschland konnte so seinen vormaligen Spitzenplatz bei der Steuerbelastung verlassen. Allerdings liegt die Tarifbelastung des Gewinns von Kapitalgesellschaften von rund 30 Prozent immer noch über dem Schnitt der EU-Länder. Zu den wenigen Ländern, in denen die Belastung noch höher ist, zählen Spanien, Italien und Frankreich, während etwa Großbritannien, die Niederlande und Österreich deutlich weniger Steuern von ihren Kapitalgesellschaften verlangen. Auch bei der Einkommensteuer bewegt sich Deutschland mit einem Spitzensatz von 47,48 Prozent einschließlich Solidaritätszuschlag im oberen Mittelfeld.
Welche Folgen unterlassene Steueranpassungen haben, wurde erst kürzlich in einer Studie der Schweizer Business School IMD herausgestellt. In dieser jährlich herausgegebenen Rangliste der wettbewerbsfähigsten Länder der Welt rutschte Deutschland in diesem Jahr um zwei Plätze auf Rang 12 ab. In 2014 belegte es noch Platz sechs. Der Grund dafür sind schlechte Noten in der Fiskalpolitik – und dies insbesondere wegen der hohen Steuersätze in der Einkommen- und Unternehmensbesteuerung. Der Druck durch den internationalen Steuerwettbewerb ist somit weiter vorhanden.
Der größte Handlungsbedarf besteht bei der Einkommensteuer. Hier sind die steuerrechtlichen Vorgaben von der wirtschaftlichen Entwicklung inzwischen so weit überholt worden, dass sie dringend angepasst werden müssen.
So mutet es besonders absurd an, dass der Spitzensteuersatz bereits ab einem zu versteuernden Einkommen von 53.666 Euro greift. In diesem Bereich bewegen sich nicht gerade Topverdiener, sondern ganz gewöhnliche Facharbeiter, Beamte und kleine Selbständige. Denn heute fällt schon unter den Spitzensteuersatz, wer das 1,6-fache des Durchschnittsgehalts bezieht. Anfang der 60er Jahre musste man dafür noch das Achtzehnfache verdienen. Hier hilft nur eine deutliche Erhöhung der Einkommensgrenze.
Veränderungsbedarf gibt es auch beim so genannten Mittelstandsbauch. Der entsteht, weil der Steuertarif zwischen dem Grundfreibetrag von 8.652 Euro und jenen 53.666 Euro, ab dem der Spitzensteuersatz greift, einen Knick hat. Bis zu diesem Knick steigt die Zusatzbelastung von hinzuverdientem Einkommen stärker als in allen anderen Einkommensbereichen. Das nimmt gerade Geringverdienern die Motivation, zusätzliche Leistungen zu erbringen. Deshalb sollte man den Knick „ausbügeln“ oder die Tarifkurve zumindest glätten.
Handlungsbedarf auch im Saarland
Steuerpolitischer Handlungsbedarf besteht aber nicht nur im Bund, sondern auch bei uns im Saarland. Denn auch hierzulande sind die Steuermittel in den vergangenen Jahren nach dem Einbruch in Folge der Krise 2008/09 wieder deutlich gestiegen: im Land von 2,5 Milliarden Euro 2010 auf knapp 3,5 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Das ist ein Anstieg von 40 Prozent. Auch wenn man die jährlichen Konsolidierungshilfen von 260 Millionen Euro abzieht, bleibt immer noch ein erklecklicher Zuwachs.
Ein deutliches Steuerplus gab es zudem in unseren Kommunen. Hier kletterten die Einnahmen in den vergangenen fünf Jahren um 24 Prozent von 700 auf 868 Millionen Euro. Doch trotz dieses Anstiegs liegen die Steuereinnahmen der Saarkommunen immer noch rund ein Fünftel unter dem Bundesschnitt. Viele Kommunen sind deshalb im vergangenen Jahr dazu übergegangen, die Gewerbesteuerhebesätze zu erhöhen.
Das könnte sich schon bald als Milchmädchenrechnung erweisen. Kurzfristig kommt durch die Anhebung der Hebesätze zwar mehr Geld in die Kasse, langfristig ist jedoch damit zu rechnen, dass die betroffenen Unternehmen eigentlich rentable Investitionen unterlassen oder gar an einen günstigeren Standort wechseln. Statt der beabsichtigten Mehreinnahmen verringern sich dann die Einnahmen aus der Gewerbesteuer.
Vor diesem Hintergrund ist noch einmal auf das Junkernheinrich-Gutachten zur Finanzlage der Saarkommunen zu verweisen. Prof. Junkernheinrich empfiehlt den Kommunen zwar auch Einnahmeverbesserungen durch Steuererhöhungen, aber nicht per se, sondern nur für solche Steuern, deren Hebesätze unter dem Niveau vergleichbarer Städte und Gemeinden in anderen Regionen liegen. Das ist im Saarland insbesondere bei der Grundsteuer B der Fall. Hier beträgt der Abstand zu Kommunen in Nordrhein-Westfalen oder Sachsen trotz Anhebungen in zahlreichen Gemeinden und Städten immer noch bis zu 400 Prozentpunkte. Es gibt also noch reichlich Spielraum nach oben, den nur die wenigsten Gemeinden ausschöpfen.
Weniger zimperlich sind die Kommunen bei der Gewerbesteuer. Obwohl deren Hebesätze im Saarland bereits über dem Bundesschnitt liegen, haben rund 30 Kommunen in den vergangenen eineinhalb Jahren die Sätze weiter angehoben. Allen voran die Landeshauptstadt, die ihren Hebesatz von 450 auf 490 Prozent heraufgesetzt hat. Damit belegt Saarbrücken zusammen mit München den Spitzenplatz unter den Landeshauptstädten. Das ist eine gefährliche Entwicklung, die die Attraktivität der saarländischen Kommunen und damit der ganzen Region im nationalen und internationalen Standortwettbewerb weiter verringert. Ein Land, das zu Recht stolz auf seine Eigenständigkeit ist und diese bewahren möchte, sollte hier gegensteuern. Noch ist es nicht zu spät.