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Prioritäten richtig setzen: Infrastruktur aufwerten

Im Blickpunkt
Von Dr. Heino Klingen

17.05.2016

Die Sperrung der Fechinger Talbrücke hat einmal mehr in aller Deutlichkeit gezeigt, welche Schäden aufgeschobene Sanierungsmaßnahmen nach sich ziehen. Um derartige Fälle künftig auszuschließen, ist die Politik in Land und Kommunen jetzt aufgefordert, das Steuer beherzt herumzureißen. Mehr Investitionen, weniger konsumtive Ausgaben – sollte die Handlungsmaxime dabei sein.

Wenn es noch eines Beweises bedurfte, die Fechinger Talbrücke hat ihn erbracht: Unsere Infrastruktur ist in die Jahre gekommen und dringend sanierungsbedürftig. Nicht immer sind die Mängel gleich mit Gefahren für Leib und Leben verbunden. Aber in allen Fällen bedeuten sie Zumutungen und Einschränkungen. Und oft gehen damit auch zusätzliche finanzielle Belastungen für Arbeitnehmer und Unternehmen einher. Diese mögen nicht überall so evident sein wie bei der Fechinger Talbrücke, in der Summe dürften sie aber noch deutlich über dem materiellen Schaden liegen, den die Sperrung dieser wichtigen Verkehrsader verursacht hat.

Staukosten belasten Unternehmen und Arbeitnehmer

Nach dem Ende der Osterferien hat sich in den Spitzenzeiten am Morgen und am Abend mit Verzögerungen von je 30 Minuten ein relativ stabiles Staumuster gebildet. Davon be-troffen sind nicht nur die 40.000 Verkehrsteilnehmer, die bisher täglich die Fechinger Tal-brücke nutzten, sondern auch Arbeitspendler und Transporteure auf den Nebenstrecken, die jetzt als Umleitungen dienen. Überschlägig gerechnet dürften dies rund 20.000 Verkehrsteilnehmer sein. Nimmt man die durchschnittliche Wertschöpfung von 50 Euro je Stunde als Richtschnur für nicht erbrachte Arbeit und im Stau erlittene Unbill, dann ergibt sich hieraus ein täglicher Schaden von einer Million Euro.

Nicht eingerechnet in diesen Betrag ist der Mehrverbrauch an Kraftstoffen. Dieser mag für PKWs kaum zu Buche schlagen, für die zahlreichen LKWs aber sehr wohl. Wobei für das Speditionsgewerbe noch erschwerend hinzukommt, dass es die für Umwegfahrten und Zeitverluste anfallenden Kosten in der Regel nicht auf seine Kunden überwälzen kann. Wir schätzen, dass dem Gewerbe dadurch ein täglicher Schaden von mehr als 50.000 Euro entsteht.

Negative Auswirkungen der Brückensperrung zeigen sich aber auch in anderen Branchen. So bleiben dem Handel, der Gastronomie und den Hotels in der Landeshauptstadt wegen der schlechteren Erreichbarkeit nicht wenige Kunden fern. Einzelne Geschäfte berichten von Frequenzverlusten und Umsatzeinbußen von bis zu einem Drittel. Zudem sei noch nicht abzusehen, ob einmal verloren gegangene Kunden nicht für immer weg bleiben.

Beeinträchtigungen und höhere Kosten gibt es auch in der Industrie und im Großhandel. Davon betroffen sind vor allem Unternehmen, die über mehrere Betriebsstätten im Saar-land verfügen und auf regelmäßige sowie pünktliche Ab- und Zulieferungen angewiesen sind. Summa summarum – unter Einschluss aller Branchen – dürfte der volkswirtschaftliche Schaden der Brückensperrung jährlich einen hohen dreistelligen Millionenbetrag ergeben. Zum Vergleich: Das Saarland erwirtschaftete in 2015 ein Bruttoinlandsprodukt von 35 Milliarden Euro.

Investitionslücke schließen!


Dieser Befund unterstreicht einmal mehr die zentrale Rolle einer intakten Infrastruktur für die Saarwirtschaft. Straßen, Brücken, Wasserwege, Schienen-, Strom- und Kommunikationsnetze sind für unsere Zukunftschancen und den künftigen Wohlstand ebenso wichtig wie genügend Kinderbetreuungseinrichtungen, gut ausgebaute Schulen und Hochschulen sowie qualifizierte Arbeitnehmer. Das ist weiß Gott keine neue Erkenntnis. Nur: Beherzigt wird sie in Deutschland und im Saarland schon seit Jahren nicht mehr.

Die öffentlichen Bruttoinvestitionen sanken bundesweit von rund fünf Prozent Anfang der siebziger Jahre auf zuletzt unter zwei Prozent der Wirtschaftsleistung. Stellt man den Bruttoinvestitionen die Abschreibungen gegenüber, ist das Bild noch erschütternder. Machten die so errechneten Nettoinvestitionen im Jahr 1970 noch gut drei Prozent der Wirtschaftsleistung aus, so fielen sie 2003 erstmals in den negativen Bereich. Aus diesem Tal konnten sie sich bis heute nicht nachhaltig lösen. Das zeigt: Der Staat fährt seit Jahren auf Verschleiß. Wie jeder Autofahrer weiß, geht das nur eine begrenzte Zeit gut.

Noch problematischer als im Bund ist die Entwicklung der öffentlichen Investitionen im Saarland. Hierzulande wurde in den Jahren von 2004 bis 2014 rund eine Milliarde Euro weniger investiert als im Länderschnitt (vgl. Grafik „Saarland: Deutlicher Rückstand bei Investitionen“). Und diese Bilanz sähe noch schlechter aus, wenn das Saarland in Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise in den Jahren 2010 und 2011 nicht überproportional in den Genuss konjunkturstützender Maßnahmen gekommen wäre.

Was unterlassene Investitionen bedeuten, ist mit bloßem Auge sichtbar: löchrige Straßen, einsturzgefährdete Brücken, bröckelnde Bauten und marode Kanalnetze. Allein an der Uni soll sich – so Unipräsident Linneweber – ein Sanierungsstau von über 300 Millionen Euro aufaddiert haben. Nicht besser sieht es im Verkehrsbereich aus. Hier müssten jährlich 30 statt 20 Millionen Euro angesetzt werden, um die Landstraßen wieder in einen passablen Zustand zu bringen.

Sicher, die Finanzen sind klamm und Land und Kommunen stehen unter dem Diktat der Schuldenbremse. Doch das darf keine Ausrede für ausbleibende Investitionen sein. In Ludwigshafen etwa wird – bei ähnlich hoher Verschuldung und fast gleicher Bevölkerungszahl wie in Saarbrücken – je Einwohner rund fünfmal so viel in die kommunalen Verkehrswege gesteckt wie in der Landeshauptstadt. Im Übrigen bei einem Gewerbesteuerhebesatz, der mit 405 Prozent 85 Prozentpunkte niedriger ist als in Saarbrücken.

Ausgaben neu austarieren

Was in Ludwigshafen geht, sollte auch im Saarland möglich sein. Das setzt allerdings voraus, dass die Prioritäten in Land und Kommunen neu festgelegt werden: mehr Investitionen und weniger konsumtive Ausgaben.

Spielraum dazu ist vorhanden – etwa im Personalbereich. Denn trotz des im Land und in den Kommunen beabsichtigten Personalabbaus ist der Personalbestand per Saldo bis in das vergangene Jahr hinein deutlich angestiegen. Nicht zuletzt deshalb bewegten sich die Personalausgaben in 2015 im Saarland immer noch um 150 Millionen Euro über dem Schnitt der Flächenländer.

Das sind 150 Millionen Euro, die für Investitionen fehlen, die nicht in die Verkehrsinfrastruktur fließen, die nicht für dringend notwendige Sanierungsmaßnahmen an Uni oder HTW zur Verfügung stehen und die auch nicht zur Förderung der regionalen Wirtschaft eingesetzt werden können. Für all diese Zwecke hat das Land 2015 gerade einmal 91 Millionen Euro veranschlagt. Das ist nicht nur im Vergleich zu den Mehrausgaben für Personal beschämend wenig. Diese Summe liegt auch rund ein Sechstel unter dem Schnitt der Investitionen, die in den Jahren von 2004 bis 2014 getätigt wurden.

Steigende Personalausgaben, fallende Investitionen – damit lässt sich im wahrsten Sinne des Wortes auf Dauer kein Staat machen. Es ist deshalb höchste Zeit für eine Neuausrichtung der Ausgaben zu mehr Investitionen und weniger staatlichem Konsum. Diese Erkenntnis ist alles andere als originell. Umso bedenklicher ist, dass es im Land, insbesondere aber in den Kommunen und Kreisen noch an Ehrgeiz und Wille mangelt, mit überzeugenden Gestaltungskonzepten die Weichen für ein konkurrenzfähiges Saarland zu stellen. Einzelne Ausnahmen bestätigen nur die Regel und sind zu wenig für den Ruck, den das Land braucht, um mit vereinten Kräften seine Zukunft zu sichern.