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Money for nothing – einen Versuch ist es wert

Im Blickpunkt
Von Heino Klingen

13.07.2017

Die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens ist nicht neu. In letzter Zeit gewinnt sie aber immer mehr Anhänger. Das ist kein Zufall. Denn mit der Digitalisierung steigen nicht nur Produktivität und Wohlstand, sondern auch die Sorgen um Arbeitsplätze und eine Zunahme der Ungleichheit. Da ist es nur verständlich, dass sich immer mehr Menschen Gedanken darüber machen, wie man diesen Befürchtungen entgegen treten und die Digitalisierung zu einer Erfolgsstory für alle machen kann. In einem bedingungslosen Grundeinkommen sehen viele ein Instrument, das dies zu leisten vermag. Für manche ist es gar ein Passepartout, das sozial absichert, zur Arbeit anreizt und den steigenden Wohlstand gerecht verteilt. Was ist davon zu halten?

Brillante Idee ...

Die Idee ist bestechend. Alle bekommen vom Staat Geld, jeden Monat. So viel, dass damit ein menschenwürdiges Leben finanziert werden kann. Die Zahlung ist weder an eine Gegenleistung noch an Nachweise der Bedürftigkeit gekoppelt. Sie wird einfach so – eben bedingungslos – ausgereicht. Allerdings ergänzt das Grundeinkommen nicht die heute bestehenden sozialpolitischen Transfers. Es ersetzt sie. Rentenzahlungen, Arbeitslosen-, Wohn- und Kindergeld gibt es in einem Land mit Grundeinkommen nicht mehr. Konsequenterweise werden aber auch keine Sozialabgaben mehr erhoben.

Finanziert wird das Grundeinkommen aus Steuern, genauer: über ein System der negativen Einkommensteuer. Jeder Bürger bekommt zu Monatsbeginn eine Steuergutschrift in Höhe des Grundeinkommens. Wer keine sonstigen Einnahmen hat, muss damit auskommen. Alle darüber hinaus anfallenden Einkommen aus Arbeit, Zinsen, Dividenden, Mieten oder sonstiger Herkunft werden unmittelbar an der Quelle mit einem für alle gleichen (nicht notwendigerweise konstanten) Steuersatz belastet. Thesaurierte Gewinne unterliegen der Einkommensteuer erst, wenn sie ausgeschüttet werden. Steuererklärungen braucht man dann nicht mehr.

... mit weitreichenden Folgen

Kurzum: Das bedingungslose Grundeinkommen ersetzt das Bismarcksche Sozialversicherungssystem, schrumpft das Einkommensteuerrecht auf Bierdeckelformat und macht einen wesentlichen Teil der staatlichen Bürokratie überflüssig.

Das alles wäre so radikal und mit so vielen fundamentalen Veränderungen verbunden, dass niemand guten Gewissens sagen kann, welche Auswirkungen die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens auf unsere Wirtschaft und die Gesellschaft hätte.

Und genau das ist die Crux der zweifellos brillanten Idee: Solange unklar ist, wie sich die Menschen unter dem neuen Regime verhalten werden, solange wird kein Land der Welt das Risiko eingehen und ein Grundeinkommen einführen. Ein kleiner Feldversuch wie in Finnland, wo seit Beginn des Jahres 2.000 zufällig ausgewählte Arbeitslose für zwei Jahre monatlich 560 Euro bekommen, kann zwar den ein oder anderen Anhaltspunkt über Arbeitsmarktreaktionen der Probanden liefern; für eine definitive Antwort taugt er aber nicht. Dafür ist die Summe zu gering, die Laufzeit zu kurz und das Teilnehmerfeld zu einseitig besetzt.

Um belastbare Erkenntnisse zu gewinnen, müsste der Versuch viel umfassender angelegt werden – zeitlich, bevölkerungsmäßig und auch von der Höhe des zu zahlenden Grundeinkommens her. Und am besten wäre es, wenn der Versuch in einem Bundesland stattfände, das von den Umbrüchen der neuen Technologien im Fahrzeugbau und in den Fertigungsprozessen stärker betroffen sein dürfte als andere Regionen. Warum also nicht im Saarland? Unser Land war schon oft Testregion. Als Experimentierfeld für ein bedingungsloses Grundeinkommen könnte es (zumindest volkswirtschaftliche) Geschichte schreiben – so oder so.

Noch ist nicht ausgemacht, ob angesichts der bestehenden Strukturen und der erworbenen Ansprüche – etwa in der Rentenversicherung – das theoretische Modell überhaupt 1:1 getestet werden kann. Ein solcher Versuch erfordert deshalb eine gründliche Vorbereitung. Unsere IHK ist jedenfalls gerne bereit, sich daran zu beteiligen.