Sprungmarken zu den wichtigsten Seitenabschnitten


Suche Hauptnavigation A-Z Übersicht Hauptinhalt Servicelinks

Internetpräsentation IHK Saarland - Partner der Wirtschaft


Positionen

Kennzahl: 17.10756

Für ein attraktives und finanzierbares Angebot an Sport- und Freizeiteinrichtungen

Standpunkt
Von Volker Giersch

09.10.2014

Die kommunalen Infrastrukturen geraten mehr und mehr in den Fokus der öffentlichen Diskussion. Unsere IHK hat sich wiederholt in diese Diskussion eingeschaltet – zuletzt mit dem Vorschlag,  landesweite Trägergesellschaften – etwa für Schwimmbäder, größere Mehrzweckhallen, vielleicht auch für Feuerwehren – zu bilden. Wir sind davon überzeugt, dass das ein wichtiger Schritt sein könnte, die Kommunalfinanzen zu konsolidieren.

Die zunächst kontroverse Diskussion – ausgelöst auch durch die SZ-Headline „IHK für Schließung von Schwimmbädern und Mehrzweckhallen“ – hat inzwischen eine konstruktive Wende genommen: Wir brauchen – so der weitgehende Konsens in Politik und Verbänden – eine umfassende Ist-Analyse und – darauf aufbauend – eine tragfähige Landesbäderplanung. Dazu müssen alle Akteure an einen Tisch. Gemeinde übergreifende Lösungsansätze sind gefragt.

Der Handlungsdruck ist enorm. In den Haushalten der Saar-Kommunen klafft alljährlich eine Lücke von rund 155 Millionen Euro. In der Folge sind ihre Investitionen erkennbar unter den bundesweiten Schnitt zurückgefallen (siehe Beitrag auf Seite 8 ff.). Dabei darf es nicht bleiben. Denn die Investitionen der Städte und Gemeinden entscheiden maßgeblich über die Attraktivität unseres Landes als Wirtschafts- und Lebensstandort.

Landesweite Trägergesellschaften bilden!

Die dramatische Finanzlage zwingt die Kommunen dazu, auch bei der Freizeit- und Sport-Infrastruktur den Rotstift anzusetzen. Dass weitere Bäder und Mehrzweckhallen geschlossen werden, ist unausweichlich. Bei den Bädern ist dieser Prozess übrigens längst schon in Gang gekommen: Seit 2009 sind bereits neun von ursprünglich rund 70 Bädern geschlossen worden. Es geht also längst nicht mehr um das „Ob“, sondern nur noch um das „Wie“. Zwei Alternativen bleiben:

Wir gehen den bisherigen Weg weiter und warten ab, in welchen Gemeinden aus schierer Not die nächsten Bäder und Hallen geschlossen werden - und akzeptieren das Ergebnis dann als Resultat des „kommunalen Wettbewerbs“.

Oder wir bilden landesweite Trägerstrukturen, die das Angebot so steuern, dass es attraktiv bleibt und zugleich auch finanzierbar wird.

Letzteres war und ist der Kern unseres Vorschlags. Dabei sehen wir uns in voller Übereinstimmung mit dem Landessportverband (LSVS), der sich dafür ausspricht, dass Kommunen, Kreise, Landesregierung und Verband gemeinsam an einer „bedarfsgerechten und finanzierbaren Lösung für ein attraktives Sport- und Freizeitangebot im Saarland“ arbeiten. Die Kernfrage lautet also: Wollen wir bei Bädern, Hallen und anderen Freizeitinfrastrukturen einen geplanten oder einen planlosen Anpassungsprozess?

Unsere IHK spricht sich mit Nachdruck für eine planvolle Steuerung aus.  Dies tun inzwischen auch der Städte- und Gemeindetag, die Landesregierung, die CDU und der LSVS. Was fehlt sind bislang allerdings noch konkrete Lösungsansätze, die in nicht allzu ferner Zeit zum Ziel führen.

An funktionierenden Vorbildern orientieren

Im Saarland selbst gibt es schon seit geraumer Zeit ein gutes und funktionierendes Beispiel für eine landesweite Trägergesellschaft: den per Landesgesetz eingerichteten Entsorgungsverband EVS. Zugegeben: Der EVS hat nicht nur Freunde. Aber er leistet eine überwiegend gute Arbeit. Bei Abwasser und Abfall hat er landesweite Strukturen geschaffen, die im Großen und Ganzen leistungsfähig und nachfragegerecht sind.

Aber es gibt auch Beispiele aus anderen Ländern: In der Region Hannover, die gleich viele  Einwohner hat wie das Saarland, existieren seit Jahren Trägergesellschaften, die das Angebot gemeindeübergreifend steuern – etwa für Krankenhäuser und Feuerwehren.

Auch in den drei Stadtstaaten sind Betriebsgesellschaften langjährige und bewährte Praxis. Beispiel Bäder: Die Berliner Bäder-Betriebe-Anstalt betreut insgesamt 63 Bäder für die 3,5 Millionen Berliner. In Hamburg bewirtschaftet die Bäder-Land-GmbH für die 1,8 Millionen Einwohner Hamburgs insgesamt 27 Bäder. In Bremen schließlich betreut die Bremer Bäder-GmbH 14 Bäder für die rund 550.000 Bremer Bürger. In Relation gesetzt kommt in Hamburg ein Bad auf je 66.000 Einwohner, in Berlin auf je 55.000 Einwohner und in Bremen auf je 40.000 Einwohner. Auch wenn das mit Blick auf die unterschiedliche Bevölkerungsdichte nur bedingt vergleichbar ist: Im Saarland haben wir ein Bad für je 16.000 Einwohner.

Bleibt die Frage: Warum wird im Saarland nicht umgesetzt, was sich in den Stadtstaaten ganz offensichtlich bewährt hat? Darauf gibt es nur eine plausible Antwort: In den Stadtstaaten liegt die Zuständigkeit für entsprechende Infrastrukturen beim Senat – also auf Landesebene, in den Flächenländern liegt sie bei den Kommunen. Deshalb wäre die Bildung einer Saar-Bäder-GmbH, in die alle Bäder gesetzlich verpflichtend einbezogen werden, rechtlich wohl eher problematisch. In jedem Fall wäre sie, weil sie breiten Konsens braucht, zeitraubend.

Ein Mitmach-Angebot an die Kommunen…

Schon kurzfristig realisierbar wäre dagegen eine Bäder-GmbH mit freiwilliger Beteiligung. Sie müsste zum Ziel haben, den Bürgern weiterhin ein landesweit attraktives Bäderangebot zu sichern und die finanzielle Belastung der Kommunen auf der Zeitachse deutlich zurückzuführen. Unter dieser Voraussetzung sehen wir große Chancen, dass viele Gemeinden von Anfang an mitmachen.

Eine Bäder-Gesellschaft Saar könnte etwa wie folgt starten:

Gemeinden, die ihre Bäder einbringen, zahlen in den ersten beiden Jahren einen Zuschuss in Höhe des bisher anfallenden Defizits. Das ist nötig, damit die Gesellschaft in der Startphase ein etwa ausgeglichenes Ergebnis erzielen kann. Im Gegenzug sichert die Gesellschaft den beteiligten Kommunen für diesen Zeitraum Bestandsschutz für die Bäder zu.

Die Bäder-GmbH könnte zunächst alle Vorteile nutzen, die eine gemeinsame Bewirtschaftung bietet: Synergien im Personalbereich, abgestimmte Öffnungszeiten, die Planung von Events, die zusätzliche Attraktivität schaffen und ein offensives Marketing, das zusätzliche Besucher anlockt.

Nach Ablauf der Startphase wird der Bestandsschutz aufgehoben. Die Bäder-GmbH kann dann entscheiden, welche Bäder geschlossen  und welche durch Investitionen attraktiver und wirtschaftlicher gestaltet werden. Dabei kann und sollte es durchaus auch Vorgaben geben, die sich etwa an der der Erreichbarkeit, am Bäderbesatz  in der näheren Umgebung oder den Standards in anderen Bundesländern orientieren. Den konkreten Rahmen dazu könnte ein saarländisches Bäder-Entwicklungskonzept vorgeben, das in enger Abstimmung zwischen Landesregierung, Kommunen und Landessportverband erstellt werden sollte.

In dem Maße, in dem es gelingt, Synergien zu nutzen und Kosten zu senken, würden sich Spielräume ergeben, die Zuschüsse der Kommunen zu senken. Schon in einem überschaubaren Zeitraum sollte eine Halbierung des Zuschussbedarfs erreichbar sein.

…  mit Vorteilen für alle


Ich bin jedenfalls überzeugt: In der Summe hätte eine solche Konstruktion Vorteile für alle Beteiligten: Die Kommunen könnten ihre Ausgaben für Bäder nachhaltig senken. Der Sanierungs- und Modernisierungsstau würde schrittweise aufgelöst. Die Bürger im Land erhielten eine langfristig gesicherte Bäderlandschaft auf einem Niveau, das konkurrenzfähig zu dem anderer Bundesländer wäre.

Zugegeben: Die oben skizzierte Lösung bedarf noch in vielen Fragen der weiteren Konkretisierung. Zu klären ist etwa: Wer wird Gesellschafter einer Saar-Bäder-GmbH? Wie soll die Gesellschaft personalisiert werden? Wie stark reduziert sich der Zuschuss von Kommunen, deren Bäder im Zeitablauf geschlossen werden? Leisten auch die Kommunen einen finanziellen Beitrag, die über kein Bad verfügen? Denn deren Bürger profitieren ja auch vom landesweiten Angebot.

Ich bin sicher: Auch auf diese Fragen lassen sich befriedigende Antworten finden. Bürgermeister, Vereine und Landesregierung sind aufgerufen, ihre Expertise und ihre Erfahrung einzubringen. Entscheidend ist, dass wir endlich damit beginnen, über konkrete Lösungsansätze zu diskutieren. Der Ideenwettbewerb ist eröffnet! Wer Vorschläge für eine Erfolg versprechende Ausgestaltung hat, sollte sich zu Wort melden. Vielleicht gibt es ja gar Vorschläge für ganz andere Lösungen.

Hoffen wir in diesem Sinne auf eine lebhafte und kreative Diskussion. Leitsatz bei der Ideenfindung sollte sein: Das Bessere ist der Feind des Guten. Eines ist dabei sicher: Für Verbesserungen gegenüber dem Status quo gibt es reichlich Spielraum.