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Bei den Investitionen Schritt halten!

Standpunkt
Von Volker Giersch

10.09.2015

Die Investitionslücke, die wir bundesweit beklagen, ist hier im Saarland besonders groß. Das Land und seine Kommunen investieren bereits seit Jahren zu wenig. Im Reigen der Bundesländer rangieren wir bei den öffentlichen Investitionen – je Einwohner gerechnet – auf einem hinteren Rang. Seit 2012 beläuft sich der Rückstand zum Schnitt der Flächenländer bereits auf rund ein Drittel. Tendenz eher steigend! Denn die schwierigsten Jahre der Haushaltskonsolidierung liegen ja noch vor uns. Im Landeshaushalt und gerade auch bei den Kommunen fehlt vielfach selbst das Geld für dringende Erhaltungsinvestitionen. Und das seit Jahren.

Der Befund:

Bei den Investitionen je Einwohner lagen das Land und seine Kommunen laut Bundesstatistik im Jahr 2014 um 114 Euro je Einwohner unter dem Länderschnitt. In der Summe sind das immerhin 110 Millionen Euro, die im Schnitt gegenüber den anderen Bundesländern fehlen. Nimmt man die letzten zehn Jahre zusammen, dann errechnet sich sogar eine Investitionslücke in der Größenordnung von einer Milliarde Euro. Das ist etwa fünfmal so viel wie die Tunnellösung von „Stadtmitte am Fluss“ kosten sollte.

Im Landeshaushalt sind die Investitionsausgaben für die drei wichtigsten Bereiche – Verkehr, Hochschulen, Förderung der Wirtschaft – seit 2004 nominal um gut 20 Prozent zurückgegangen. Real liegt das Minus sogar bei über 50 Prozent.

Den Minderausgaben für Investitionen stehen bei Land und Kommunen Mehrausgaben für Personal von jährlich rund 190 Millionen Euro gegenüber. Das Land hat zwar bereits den Abbau von zehn Prozent der Stellen beschlossen, bei den Kommunen stehen entsprechende Planungen aber noch aus. Bis Mitte 2014 wurde der Personalbestand sogar noch kräftig aufgestockt.

Das Fazit aus diesen Fakten und Tendenzen lautet: Deutliche Mehrausgaben für Personal und gleichzeitig deutliche Minderausgaben für Investitionen – das ist eine gefährliche Schieflage und gewiss keine Strategie, mit der sich die Zukunft gewinnen lässt. Das heißt: Es besteht beträchtlicher Handlungsbedarf.

Sorge macht insbesondere auch, dass sich in den letzten Jahren in vielen Bereichen ein erheblicher Sanierungsstau aufgebaut hat – im Verantwortungsbereich des Landes ebenso wie bei den Kommunen. Beispiele dafür finden wir überall im Land.

Das Straßennetz ist notleidend – nicht nur, aber auch mit Blick auf die zahlreichen sanierungsbedürftigen Brücken. Die im Landeshaushalt ausgewiesenen Mittel reichen nicht aus, den Sanierungsstau abzubauen.

Viele Bäder und Hallen sind seit Jahren renovierungs- oder gar sanierungsbedürftig. Eine Tendenz zur Besserung ist nicht in Sicht. Denn vielen Städten und Gemeinden fehlt mehr denn je das Geld, ihre Bäder in einen zeitgemäßen und attraktiven Zustand zu bringen. Im Junkernheinrich-Gutachten ist von einem ausgeprägten Investitionsstau bei der Bäderinfrastruktur die Rede. Nach Schätzung unserer IHK liegt der Investitionsbedarf bei mehr als 30 Millionen Euro.

An der Saar-Uni sind viele Gebäude in einem eher schlechten Zustand – am deutlichsten sichtbar im Bereich der philosophischen Fakultät, wo Betonschäden, bröckelnder Putz, mit Netzen abgehängte Balkons, uralte Leitungen, Schimmelbildung und veralteter Brandschutz das Bild prägen. Bereits im Jahr 2010 hat der Landesrechnungshof den Sanierungsbedarf auf dem gesamten Campus auf 320 Millionen Euro beziffert. Diese Summe dürfte inzwischen weiter gestiegen sein – schon deshalb, weil die vom Land zur Verfügung gestellten Mittel nur etwa die Hälfte des Investitionsbedarfs decken. Bundesweit liegt der Deckungsgrad immerhin bei fast zwei Drittel. Im Ergebnis ist der einst schmucke Campus nur dort noch schmuck, wo in den noch relativ neuen Instituten der Max-Planck-Gesellschaft, der Helmholtz-Gemeinschaft oder der Fraunhofer Gesellschaft geforscht wird. Und in den beiden Science Parks. Dagegen entsprechen die Hörsäle, in denen die Hochschule die Akademiker von morgen ausbildet, mitunter nur noch den Standards von gestern.

Viele Ortskerne verlieren an Attraktivität. Es mehren sich die Leerstände. Da schmerzt es besonders, dass vielen Gemeinden die nötigen Finanzmittel fehlen, um aussichtsreich gegenzusteuern. Die Investitionsbudgets reichen vielerorts nicht aus, um erforderliche öffentliche Leitinvestitionen zu finanzieren und erst recht nicht, den vielfach nicht mehr auslastbaren Gebäudebestand intelligent zurückzubauen.

Einen beträchtlichen Sanierungsstau gibt es auch im Netz der überwiegend kommunalen Abwasserkanäle, das insgesamt eine Länge von 8.000 Kilometern umfasst. Die Inspektion von Teilen des Netzes per Kamera hat ergeben, dass der Sanierungsstau hier im Land deutlich über dem Bundesschnitt liegt. In manchen saarländischen Kommunen muss bis zur Hälfte der Kanäle dringend repariert werden. Nach Schätzungen von Experten liegt der Finanzbedarf für die Kanalsanierung bei insgesamt rund einer Milliarde Euro. Wo das Geld dafür herkommen soll, ist derzeit nicht erkennbar.

Sorge macht neben dem hohen und wachsenden Sanierungsstau auch, dass nötige Investitionen in Zukunftsprojekte seit Jahren nur zögerlich vorankommen:

Die Chance, die Landeshauptstadt durch das Leitprojekt „Stadtmitte am Fluss“ nachhaltig aufzuwerten, wurde leichtfertig vertan. Das Herzstück – die Tunnellösung – ist heute politisch wohl nicht mehr durchsetzbar. Schade! Denn es hätte umfangreiche private Investitionen angestoßen.

Der Bau eines neuen Kongress- und Messezentrums in der Saarbrücker Innenstadt ist zwar bereits seit Jahren in der Diskussion. Eine konkrete Investitionsplanung liegt aber ebenso wenig vor wie ein Konzept, das die Finanzierung sichert.

Beim Aufbau eines leistungsfähigen Breitbandnetzes besteht aufgrund der eng begrenzten Landesmittel das Risiko, dass wir mit konkurrierenden Standorten in Bayern, Baden-Württemberg oder auch Hessen auf Dauer nicht werden Schritt halten können.

Dieser Befund macht einmal mehr deutlich: Wir brauchen für unser Land schnellstmöglich eine schlüssige Gesamtstrategie 2020/2025 – eine Strategie, die auch die kommunale Ebene mit einschließt. Denn die Kommunen tätigen hier an der Saar immerhin gut drei Viertel der öffentlichen Investitionen. Diese Strategie hätte insbesondere auch sicherzustellen, dass Land und Kommunen trotz aller Sparzwänge investitionsfähig bleiben – und zwar in einem Maße, das es ermöglicht, den Wirtschafts- und Lebensstandort Saarland konkurrenzfähig zu halten. Verlässlich umsetzbar ist das am besten über eine konkrete, politisch möglichst verbindliche Finanzplanung 2020, wie sie ja auch der Landesrechnungshof seit geraumer Zeit anmahnt.

Klar sein muss bei alledem: Ausreichende Investitionsbudgets von Land und Kommunen werden nur dann erreichbar sein, wenn Bund und Länder dem Saarland bei der Bewältigung der Altlasten (extrem hohe Verschuldung, überdurchschnittliche Versorgungslasten) ausreichend unter die Arme greifen. Jährlich 500 Millionen Euro werden es nach unserer Einschätzung schon sein müssen, damit das Land wettbewerbsfähig bleibt. Hoffen wir, dass es der Landesregierung gelingt, entsprechende Hilfen in den laufenden Verhandlungen zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen durchzusetzen.

Die Zeit drängt. Denn der Sanierungsstau wächst von Jahr zu Jahr, während die finanziellen Handlungsspielräume immer enger werden. Und wir alle wissen: Ein Land, das zu wenig in seine Zukunft investiert, wird im Wettbewerb der Regionen bald zurückfallen. Das gilt es mit aller Kraft zu verhindern. Deshalb wird unsere IHK weiter darauf drängen, die konsumtiven Ausgaben zu Gunsten von mehr Investitionen zurückzufahren. Es geht letztlich um die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Um nichts mehr und um nichts weniger.