BEPS: Modernisierung des internationalen Steuerrechts – der ganz große Wurf?
Thema der Woche
09.10.2014
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (OECD) hat die ersten 7 von insgesamt 15 Empfehlungen ihres
BEPS-Aktionsplans („Base Erosion and Profit Shifting“) vorgelegt. Die Maßnahmen
sollen vermeiden, dass international agierende Unternehmen – vor allem große
Konzerne – ihre Steuerbelastung durch Nutzung legaler Möglichkeiten reduzieren. Zugleich soll eine doppelte Besteuerung von Gewinnen
verhindert werden. Neben den 36 OECD Staaten unterstützen weitere 8
Nicht-OECD-Staaten den Prozess. Setzten alle beteiligten Staaten die Ende 2015
komplett vorliegenden Empfehlungen in nationales Recht um, wären 90 Prozent der
Weltwirtschaft betroffen.
Vorgelegt wurden Empfehlungen an die OECD-Mitgliedstaaten,
wie diese digitale Leistungen sinnvollerweise besteuern oder wie sie auf einen
Schlag alle 3.000 existierenden Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) anpassen
können, damit sich auch im Steuerbereich die Rahmenbedingungen einander
annähern, ohne dass dafür Jahre vergehen. An anderer Stelle hingegen – bei der
Vermeidung „schädlichen“ Steuerwettbewerbs, den Missbrauch von DBAs sowie bei
Verrechnungspreisen – ist man über Entwürfe oder Zwischenberichte vorerst nicht
hinausgekommen.
Die OECD sieht im Aktionsplan einen großen Schritt zur
Modernisierung des internationalen Steuersystems. Doch das sehen längst nicht
alle Beteiligten so: Besonders Schwellenländer pochen darauf, dass künftig dort
(mehr) Steuern gezahlt werden, wo „das Geschäft gemacht“ wird: im Land der
Kunden. Ebenfalls umstritten ist, ob Staaten künftig noch steuerliche
Vergünstigungen für Einnahmen aus Lizenzen und Patenten gewähren können. Mit
ermäßigten Steuersätzen auf Gewinne aus geistigem Eigentum versuchen derzeit
einige Staaten, sich „ihren“ Anteil am Steuerkuchen zu sichern.
Auf die Unternehmen können erheblich höhere Belastungen
zukommen – vor allem, wenn bewährte Regelungen wie die
Betriebsstätten-Definition verschärft werden und Betriebe dadurch auch im
Ausland Steuern zahlen müssen. Auch durch „strengere“ Vorschriften bei den Verrechnungspreisen
steigen die Kosten für die Unternehmen. Bei einigen der vorgestellten (und
geplanten) Maßnahmen muss befürchtet werden, dass sie in der Praxis zu deutlich
mehr bürokratischen Lasten für die Betriebe führen. Auch eine weitere
Aushöhlung des Steuergeheimnisses – naturgemäß eng verbunden mit Betriebs- und
Geschäftsgeheimnissen – belastet Unternehmen, weil damit ihre
Wettbewerbsposition geschwächt wird. Zwar will die OECD sicherstellen, dass
sensible Steuerdaten die beteiligten Steuerverwaltungen nicht verlassen. Eine
Garantie dafür, dass das Steuergeheimnis tatsächlich in allen Staaten gewahrt
werden kann, gibt es aber nicht.
Fazit: Die OECD versichert zwar, dass sich die vorgestellten Maßnahmen nicht gegen die Wirtschaft richten. Vielmehr würde der gesamte Prozess zu mehr Fairness im internationalen Steuerwettbewerb führen. Nach dem aktuell erreichten Stand ist aber Skepsis angebracht, weil die Vorteile für die hiesigen Unternehmen zu unklar bleiben, die Belastungen sich aber bereits deutlich abzeichnen. Der DIHK wird sich aktiv in die weitere Diskussion einschalten, um zu verhindern, dass eine „gut gemeinte“ Initiative am Ende zu einer deutlichen Schwächung der
hiesigen Unternehmen im internationalen Wettbewerb führt.
Ansprechpartner: Malte Weisshaar, DIHK Brüssel, Telefon 0032 2286-1609